Niederdeutsch in der Börde

1. Die Sprache und ihre Region

Für die Börde war bereits im 19. Jahrhundert die vollständige Ablösung des Niederdeutschen vorhergesagt worden (Loewe 1888). Obwohl das stark hochdeutsch beeinflusste Magdeburg für die Börde zentrale Funktion besitzt und im 19./20. Jh. auch die Kleinstädte das Niederdeutsche ablegten, so wie die meisten wohlhabenden Bördebauern, ging der niederdeutsche Dialekt nicht verloren, sondern wurde bis 1945 in vielen Familien gesprochen.

Nach neueren Untersuchungen können auch heute in den Bördedörfern noch bis zur knappen Hälfte der Erwachsenen niederdeutsch sprechen, verstehen können es in manchen Dörfern bis zu 80% der Erwachsenen (Föllner/ Luther, 2002).

Das Bördeplattdeutsch gehört zu dem elbostfälischen Dialekt des Niederdeutschen und wird vor allem in dem Landkreis Börde gesprochen, der westlich von Magdeburg liegt. Städte, in welchen Bördeplatt gesprochen wird, sind Egeln, Wanzleben, Wolmirsleben, Borne, Cochstedt, Barleben, Völpke, Hötensleben, Eilsleben, Börde-Hakel uvm. Genauso wie das Ost-Altmärkische, das West-Altmärkische und das Harzniederdeutsch ist das Bördeplattdeutsch eine Varietät des Deutschen, nämlich eine Mundart.

2. Der Gebrauch des Bördeplattes

Bördeplatt weist im Vergleich zu den anderen niederdeutschen Mundarten in Sachsen-Anhalt eigene lautliche, lexikalische und grammatikalische Besonderheiten auf:

Charakteristisch für die Lautung ist:

  1. das Ausbleiben von der zweiten Lautverschiebung:tweite(zweite), Katte(Katze),bruke(brauche), jifft(gibt) aber:zehne,Wecker,hebbe.
  2. nicht statt gefundene Diphthongierung :seine Hus,(seinHaus)
  3. kein Ausfall von <n>vor Reibelauten:fif(ndt.) - fünfe (Bördeplatt)

Natürlich gibt es auch in der Lexik einige Besonderheiten:

Zu den "ungewöhnlichen Wörtern" des Bördeplattes gehören Ǖtschĕ(‚Frosch‘), Kempĕ(‚Eber‘,nordnieders.Äver,Ever) und Hāilĕbårt/Hallĕbot (‚Storch‘,nordnieders.Aadbooretc.).Snåkĕ(‚Ringelnatter‘), Dråkĕ(‚Enterich‘), Schårĕ(‚Elster´), Mul(‚Maulwurf‘), Kneif(Messer), botterwennich (außen), Trollball (dummerMensch), affschrammen (versterben), töwen, teum(warten), Bollen(Zwiebeln).

Charakteristisch für die Grammatik ist der Zusammenfall des Dativs mit dem Akkusativ. Dabei muss bemerkt werden, dass im Hochdeutschen sich der Akkusativ gegenüber dem Dativ durch gesetzt hat. Wo?In´tTheater,in´nBuga-Park, in de Schwimmhalle. Das betrifft auch die Personalpronomen, die auch keinen Dativ aufweisen:mickunddick.

Der spezielle Gebrauch des Genitivs ist im Vergleich zu dem Harz- und Altmarkplatt nennenswert:
Johanna
und PaulöhrePapa is biedä Füerwehr von Halslä.
Hochdeutsch: Johanna und Paul euer Papa ist bei dem Feuerwehr von Haldensleben.

Paul siene Schaultasche is schwar.
Paul
seine Schultasche ist schwer.

Ein weiteres Merkmal des Bördeplattes ist die Bildung des Partizips II mit der Vorsilbeĕ-:

wi hebbee seihn

wir haben gesehen

Letzte Änderung: 03.03.2020 - Ansprechpartner: Saskia Luther